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Editorial von Dieter Abholte: Wie ich es sehe

Editorial

Foto: Rüdiger Eichhorn

Unser IbizaHEUTE-Chefredakteur schreibt über den Plan der Balearen-Regierung Wohnungen anzumieten und zu günstigen Preisen an Wohnungssuchende abzugeben. Der Vermieter soll dann die Differenz zum regulären Mietpreis von der Balearen-Regierung erhalten. “Sicheres Vermieten”, so heißt die Aktion, die Vermieter schützen soll…

Liebe Leser,

Dieter Abholte

Sie werden es wahrscheinlich in unseren „Ibiza News“ gelesen haben: Die Balearen-Regierung plant jetzt leerstehende Wohnungen anzumieten, sie an Wohnungssuchende zu günstigen Mieten weiterzugeben und die Differenz zum realen Marktpreis dem Vermieter zu zahlen.

„Sicheres Vermieten“ nennt die Regierung diese Aktion. Sie könnte wirklich helfen. Denn nach Angeben des Statistik-Instituts stehen auf Ibiza, Formentera, Mallorca und Menorca rund 100.000 Wohnungen leer. Und das in einer Zeit der extremen Wohnungsnot. Menschen finden keine bezahlbaren Wohnungen. Unternehmen müssen schließen, weil keine Arbeitskräfte auf die Inseln kommen, weil deren Mieten mehr kosten würden, als sie im Monat verdienen.

Aber weshalb stehen so viele Wohnungen leer? Sind das alles Spekulanten, die ihre Wohnungen leer stehen lassen, um sie mit Gewinn als „Neubauwertig“ zu verkaufen? Oder Immobilienbesitzer, die lieber teuer „schwarz“ an Touristen vermieten? Einige schon, aber nicht die ermittelten 100.000.

Der Name der Aktion „Sicheres Vermieten“ trifft die Problematik: Viele Immobilienbesitzer vermieten nicht, weil sie Angst haben, die Mieter zahlen nicht und lassen eine verwüstete Wohnung zurück. Das kann doch nicht sein, werden Sie jetzt denken. Das ist aber so. Schuld daran sind nicht zuletzt die spanischen Mietgesetze.

Eigentlich sollen sie Mieter vor der Willkür der Vermieter schützen. Was weitgehend richtig war. Denn es gab Wohnungsbesitzer, die warfen ihre Mieter Anfang der Saison aus der Wohnung und vermieteten teuer an Touristen. Es gab Vermieter, die verdoppelten von einem Monat zum anderen die Mieten und sagten: „Wenn du nicht zahlen kannst, musst du ausziehen!“

Dem wollte der Gesetzgeber mit Recht Einhalt gebieten. Aber die Gesetze gehen nach Ansicht vieler Immobilienbesitzer weit über den Mieterschutz hinaus und liefern jetzt den Vermieter der Willkür seiner Mieter aus.

Tatsache ist: Ein unbefristeter Mietvertrag bedeutet, dass dem Mieter fünf Jahre lang nicht gekündigt werden kann. Und dabei ist ziemlich egal, was der Mieter mit der Wohnung anstellt – und ob er sie verkommen lässt oder illegal untervermietet – an Touristen vielleicht. Bei Mietschulden gilt zwar nach Gesetz, dass eine ausstehende Monatsmiete Grund für sofortige Kündigung ist – aber da muss der Vermieter vor Gericht gehen. Aber vor 6 Monaten gibt es kaum einen Gerichtstermin. Also weitere 6 Monate Schaden durch ausbleibende Miete. Oder der Mieter zahlt mal wieder einen Monat – und alles fängt von vorn an.

Es gibt Mieter, die genau das ausnutzen. Ein Beispiel, das einer unserer IbizaHEUTE-Leser erlebt hat. Er vermietet seine gepflegte Wohnung (3 Zimmer) in bester Lage für 1500 Euro pro Monat. Der Mieter vermietet in der Saison zwei Zimmer davon für je 250 Euro pro Nacht und verdiente damit im Monat 15.000 Euro. Seine Miete zahlte er nicht und verschwand erst, als nach acht Monaten der Prozess stattfinden sollte …

Die Folgen solcher Vorfälle: Um die Sicherheit zu haben, dass der Mieter auch zahlt, verlangen viele Wohnungsbesitzer die gesamte Jahresmiete im Voraus, was viele Mieter nicht aufbringen können. Dazu stellen Vermieter ihre Verträge mit Laufzeit unter 12 Monate aus, damit die fünf Jahre Unkündbarkeit nicht zum Tragen kommen. Oder Immobilienbesitzer lassen Wohnungen leer stehen, die Wohnungssuchende dringend brauchten.

Deshalb ist die jetzt von der Balearen-Regierung geplante Aktion „Sicheres Vermieten“ ein Schritt, der helfen kann, dass mehr Menschen eine Wohnung finden. Denn die Balearen-Regierung garantiert für die Miete. Aber gleichzeitig ist es ein Armutszeugnis, dass statt vernünftiger Rechte für Mieter und Vermieter solche Klimmzüge nötig sind.

Aber Ähnliches sind wir ja gewohnt, wenn das spanische Gesetz Hausbesetzern mehr Rechte gibt als denen, denen das Haus gehört. Ich befürchte, daran wird sich auch in den nächsten Jahren nicht viel ändern …

Ich weiß, das sind keine erfreulichen Gedanken zu Pfingsten. Ich hätte auch lieber über die tollen Events geschrieben, die an diesem Wochenende wieder auf den Inseln stattfinden. Aber die lesen Sie ohnehin hier bei IbizaHEUTE-Online.

Ich wünsche Ihnen frohe Pfingsten und verspreche, am kommenden Sonntag schreibe ich wieder über die schönen Seiten von Ibiza und Formentera.

Herzlichst Ihr, Dieter Abholte