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Editorial von Dieter Abholte: Wie ich es sehe …

Editorial

Nicht nur die „Valiant Lady“ von Virgin Voyages belastet durch ihre Abgase die Luft – Tag und Nacht. Auch die anderen Kreuzfahrtschiffe pusten die Abgase ihrer Motoren in die Luft von Ibiza. Foto: Rüdiger Eichhorn

Unser Chefredakteur kommentiert heute die miserable Unterbringung der Frauen und Männer der Guardia Civil, die teilweise im Auto schlafen mussten, weil sie keine Unterkunft fanden. Und dann beschäftig er sich mit dem leidigen Thema Massen-Tourismus der Kreuzfahrtschiffe, wo auf einen Ibizenker der Insel-Hauptstadt 11 Kreuzfahrer kommen …

Liebe Leser,

Dieter Abholte

nach 20 Jahren auf Ibiza bringt mich so schnell nicht mehr aus der Fassung, aber unsere Meldung von Donnerstag über die Unterbringung von Polizisten der Guardia Civil macht mich wirklich fassungslos. Da geht es um 35 Polizistinnen und ihre männlichen Kollegen, die zwei Jahre auf Ibiza ihren Dienst verrichten sollen. Jetzt stellen Inselregierung und die Bürgermeister von Sant Antoni und Sant Josep den Guardia Civil-Leuten Wohnraum zur Verfügung. Und was war bisher?

Wo haben die Frauen und Männer gelebt, die unser Leben auf der Insel sicherer machen sollen. Polizisten die sich jeden Tag, jede Nacht mit skrupellosen Drogenhändlern, mit Einbrechern, mit der Rolex-Bande und mit gefährlichen Rasern herumschlagen müssen. Kurz: Die einen gefährlichen Job für unsere Sicherheit machen.

Ja, wo haben sie gelebt? Eine Beamtin mit Dienst am Flughafen schlief bisher nachts in ihrem Auto! Für einen Beamten mit Frau und drei Kindern war ein enger Wohnwagen auf einem der Abstellplätze sein Zuhause. Anderen teilten sich Zimmer oder lebten nicht selten in unzumutbaren Buden. Sie lesen richtig: Frauen und Männer der Guardia Civil fanden auf Ibiza keine bezahlbaren Unterkünfte. Normalerweise wohnen sie in Kasernen, die es auf Ibiza nicht gibt – da mussten sie bisher sehen, wo sie bleiben. Unfassbar!

Ich stelle mir jetzt vor, dass diese Polizisten nach einem Einbruch in eine Luxus-Villa gerufen werden – ich denke an den Fall der Fußballer um Messi –, wo Schmuck und Uhren im Wert von Millionen Euro gestohlen wurden. Wie fühlt sich die Beamtin, die nachts im Auto schlafen muss, wie fühlt sich der Beamte aus dem engen Wohnwagen, bei solch einem Einsatz? In einer Villa mit einem Dutzend Zimmer, mit Riesenpool mit teuersten Designer-Möbeln und geklautem Schmuck für Millionen Euro? Den Frust kann ich mir lebhaft vorstellen?

Da kommt doch schnell der Gedanke auf: Ich muss im Auto oder im Wohnwagen schlafen, damit die Millionäre hier ein halbwegs sicheres Leben haben! Ähnlich, wenn die Guardia Civil einen Raser im Luxus-Sportwagen stopp und sich vielleicht noch anpöbeln lassen muss. Oder wenn Polizisten ihr Leben bei Razzien bei der Drogen-Mafia oder Gangsterbanden Gesundheit und Leben riskieren.

Mehr und mehr Agenten der Guardia Civil kehren Ibiza den Rücken. Foto: Guardia Civil

Tatsache ist, dass der Staat – die Guardia Civil untersteht Madrid –, verdammt noch mal, eine Fürsorgepflicht seinen Beamten gegenüber hat. Es kann doch nicht sein, dass man zulässt, dass Elite-Polizisten, wie es die Guardia Civil ist, so miserabel leben. Und da wundert es nicht, wenn keiner der Polizisten nach Ibiza will, sich Beamte krankmelden oder nur noch froh sind, wenn sie die Insel wieder verlassen dürfen.

Gut, jetzt – unfassbar, dass es Jahre gedauert hat –, bekommen die Frauen und Männer der „Guardia“ ihr Zimmer in Hotels und Pensionen – ein Traumleben auf einer Trauminsel ist es trotzdem nicht. Dafür sind hier die Lebenshaltungskosten viel zu hoch. Da sieht es auf den Kanarischen Inseln anders aus. Dort erhalten die Polizisten Insel-Zulagen. Dabei sind Mieten und Leben auf den Kanaren um einiges preiswerter als auf Ibiza. Aber hier stoßen die Forderungen der Guardia Civil bei ihren obersten Dienstherrn, den Politikern in Madrid, auf taube Ohren. Da bleibt nur Zorn und Hilflosigkeit – und Verständnis dafür, dass Ibiza für die Guardia Civil mehr Frust als Freude ist …

Themenwechsel zur zweiten wichtigen Meldung der vergangenen Woche: zum Kreuzfahrt-Tourismus. Der sollen ja, wie die Stiftung „IbizaPreservation“ ermittelte, im vergangenen Jahr 549.000 Passagiere der Schiffe auf Ibiza an Land gegangen sein. Auf jeden Bewohner der Insel-Hauptstadt kamen demnach 11 Kreuzfahrer! Man stelle sich das einmal bildlich vor: In einem Raum sitzen 12 Menschen – einer ist Ibizenko aus der Hauptstadt, 11 sind Kreuzfahrer von den Kolossen im Hafen! Ausgewogen sieht anders aus.

Aber die Kreuzfahrer sollen 17,3 Millionen Euro auf der Insel gelassen haben, wird als positiver Effekt nachgeschoben. Das hört sich erst einmal nach viel Geld an. Aber es sind nur 43 Euro pro Kopf. Das reicht mal gerade fürs Taxi vom und zum Schiff und ein paar Getränke. Die Taxifahrten oder angeheuerten Busse bedeuten mehr Abgase in die Luft. Normale Urlauber lassen pro Tag das Zwei- oder Dreifache auf der Insel als die Kreuzfahrer.

Trotzdem verkauft die Insel-Regierung die 17,3 Millionen als Erfolg, bittet aber darum, dass die Schiffe weniger die Umwelt verschmutzen und die Motoren im Hafen abstellen. Da fällt mir mal wieder auf, wie wenig Sachverstand bei manchen Äußerungen zutage tritt. Natürlich stellen die Kreuzfahrtriesen ihre Antriebsmotoren im Hafen ab. Die machen ja da keinen Sinn und würden nur Treibstoff verbrauchen. Aber die Hilfs-Maschinen zur Stromerzeugung laufen weiter, Tag und Nacht. Würden die abgestellt, würde die gesamte Energie auf den Schiffen zusammenbrechen: kein Strom, keine Kühlung der Vorratsräume, kein Wasser, keine Klimaanlage – nichts würde mehr gehen. Also bleibt es, wie es ist.

Kreuzfahrtschiff in Ibizas Hafen. Hier ist es nur eins – aber bis zu vier dieser Schiffe genehmigt die Hafenbehörde pro Tag für Ibiza! Foto: MBA

Übrigens hat Ibiza die höchste Belastung durch die Kreuzfahrtschiffe von ganz Spanien. Sind es hier 11,8 Passagiere pro Hauptstadt-Einwohner, sind es in Palma 4,49, in Barcelona 2,1, in Valencia 0,96. Es würde helfen, wenn vielleicht nur eins der riesigen Kreuzfahrtschiffe am Tag auf Ibiza anlegen würde, was die Insel-Regierung möchte. Aber die Hafenbehörde genehmigt fröhlich weiter, dass sogar drei oder vier Kreuzfahrer auf Ibiza anlegen dürfen. Warum wohl? Die Hafengebühren der Kreuzfahrer spülen reichlich Geld in die Kassen der Hafenbehörde. Was schert es da schon, dass aus deren Schornsteinen Tonnen von Abgasen gepustet werden …

Wenn die Insel-Regierung da nicht mal richtig dazwischenfährt, wird sich daran auch nichts ändern. Wir werden weiter mit Umweltverschmutzung und überlaufener Altstadt leben müssen.

Aber trösten wir uns: Im Herbst ist es mit den Kreuzfahrern vorbei, die drehen ihren Bug in Richtung Kanarische Inseln oder Karibik – bis sie ab Ostern wieder Ibiza auf dem Radar haben. Nur im nächsten Jahr geht das wieder los …

Lassen Sie sich von meinem Frust nicht anstecken und haben Sie einen schönen Sonntag auf Ibiza und Formentera.  Zum Glück scheint heute der befürchtete Schlammregen auszubleiben …

Herzlichst, Ihr Dieter Abholte

Hier die Links zu den Berichten, über die ich geschrieben habe:

Guardia Civil: polizei

Kreuzfahrer: kreuzfahrt