Tourismus-Experten fordern radikales Umdenken
Ibizas Vorzeige-Hippiestrand Benirràs. Foto: Peter Rimkus
Rekordbesucherzahlen, überlastete Infrastruktur und eine zunehmend spürbare Klimakrise – das Urlaubsparadies Ibiza steht vor entscheidenden Herausforderungen. Im Rahmen des Mittelmeer-Forum 2025 (Foro Mediterráneo 2025), das im Auditorium der Tageszeitung Diario de Ibiza über die Bühne ging, waren sich die teilnehmenden Experten weitgehend einig: Das bisherige Tourismusmodell hat ausgedient.
„Wir können nicht weiter auf Kosten des Territoriums wachsen“, befand der Vizepräsident des Inselrats, Mariano Juan, in bemerkenswerter Offenheit. Die Botschaft dahinter: Ibiza will die Zahl der Urlauberbetten nach unten schrauben. Die derzeit durch ein Moratorium ausgesetzten 9.000 Betten sollen nach Verabschiedung des neuen Tourismusplans (Plan de Intervención en Ámbitos Turísticos, PIAT) deutlich zusammengestrichen werden, ließ Juan durchblicken.
Während der Hotellerie bereits Grenzen gesetzt wurden, blüht das Geschäft mit illegalen Ferienwohnungen – allerdings mit abnehmender Tendenz. Eine verstärkte Kontrolle und die Zusammenarbeit mit Plattformen wie Airbnb und Booking zeigen der Inselverwaltung zufolge erste Erfolge: Das illegale Angebot sei zuletzt um beachtliche 33 Prozent gesunken.
Nachhaltigkeit steht über Mehrwert
Für Xavier Pastor, den streitbaren Ex-Chef von Greenpeace Spanien, kommt die zumeist verbale Kehrtwende allerdings zu spät. „Tourismusrekorde zu feiern ist keine gute Nachricht mehr, sondern Symptom eines gescheiterten Modells“, wetterte er auf der Bühne im Verlagsgebäude an Eivissas Ringstraße gegen die Verantwortlichen. Seine provokante Frage „Wer hat hier wirklich das Sagen?“ zielte augenscheinlich auf den Einfluss von finanzstarken Investmentfonds und mächtigen Hotelkonzernen ab.
Alicia Reina von der Spanischen Vereinigung der Hoteldirektoren sieht die Branche dagegen bereits im Wandel. „Nachhaltigkeit ist der einzige Weg für langfristiges Überleben, nicht nur ein Mehrwert“, betonte sie. Zugleich forderte sie „konkrete Messinstrumente“, um die Belastungsgrenze der Insel rechtzeitig zu erkennen.
Apokalyptische Zustände durch Klimawandel?
Am drastischsten fiel die Warnung von Umweltschützerin Inma Saranova (IbizaPreservation) aus: Ohne sofortiges Handeln drohen Ibiza binnen 50 Jahren Wüstenbildung, extreme Hitzewellen und akute Wasserknappheit. „Wir müssen eine Logik des strukturellen Rückgangs einleiten“, forderte sie und erteilte dem Glauben an rein technologische Lösungen eine klare Absage.
Unterm Strich lassen sich die vieflältigen Visionen zur Zukunft des Tourismus unter einem kleinsten gemeinsamen Nenner zusammenfassen: Ibiza muss nicht nur sein Tourismusmodell ändern, sondern auch die Erzählung dahinter. Nachhaltigkeit soll von der Marketingphrase zum echten Handlungsprinzip werden. Man darf gespannt sein, wie ernst es die Entscheidungsträger damit meinen.